Seine militärische Laufbahn
Charles Baudin wurde am 21. Juli 1784 in Paris geboren. Sein Vater (Baudin des Ardennes) gehörte später der Nationalversammlung an. Charles Baudin wurde von Bonaparte gefördert und trat 1799 in die Marine ein. Von 1800 bis 1803 nahm er an einer von dem (mit ihm nicht verwandten) Kapitän Nicolas Baudin geleiteten Expedition in den Südpazifik teil. Danach wurde er an den Marinestützpunkt der Île-de-France (Mauritius) im Indischen Ozean abkommandiert und nahm an Bord der Fregatten Piémontaise und Sémillante an mehreren Seeschlachten teil. 1808 wurde er bei einer Kanonade mit der englischen Fregatte Tepsichore schwer verwundet.
Nach seiner Rückkehr nach Frankreich (1809) erhielt er als Kapitänleutnant das Kommando über die Brigg Le Renard, die die zwischen Genua und Toulon verkehrenden französischen Handelsschiffe eskortierte. 1812 wurde er bei einem Schußwechsel mit der englischen Brigg Swallow erneut verwundet, doch die Schiffe, die er begleitete, konnten sich nach Saint-Tropez retten. Danach befehligte er die Fregatte La Dryade, dann 1815 die Korvette La Bayadère, die zur Sicherung der Gironde-Mündung eingesetzt war. Von Rochefort aus bat ihn Napoleon I. nach der verlorenen Schlacht von Waterloo (20. Juni 1815) um Rat, wie er am besten in die Vereinigten Staaten gelangen könne, wohin er heimlich ins Exil fliehen wollte. Baudin riet ihm, an Bord eines wendigen und schnellen amerikanischen Freibeuterschiffes zu gehen, das allerdings keine große Begleitung des Kaisers aufnehmen könne. Auf Drängen seiner Vertrauten ließ Napoleon diese Idee im letzten Moment jedoch wieder fallen.
Charles Baudin verließ die Marine nach der Restauration der Bourbonen (1814-1830) im Rang eines Fregattenkapitäns und ließ sich in Le Havre als Reeder nieder. Zu Beginn der Juli-Monarchie (1830-1848) trat er wieder in den Dienst. Er wurde 1834 zum Kapitän befördert und kommandierte nacheinander mehrere Schiffe. Als Flottillenadmiral befehligte er 1838 die französische Expedition nach Mexiko zur Einnahme der vor Vera Cruz liegenden Festung San Juan d’Ulloa und wurde bei dieser Gelegenheit zum Ratgeber des Prinzen von Joinville (Sohn des Königs Louis-Philippe). 1839 wurde er zum Vizeadmiral befördert.
1840 erhielt er den Oberbefehl über die französische Kriegsmarine im Rio de la Plata. 1841 wurde er zum Marinepräfekten von Toulon ernannt. 1847 kehrte er als Präsident des Rates der Admiralität nach Paris zurück.
Nach dem Sturz der Juli-Monarchie (1848) übernahm er auf Drängen von Arago – seines Freundes und früheren Kollegen im Vermessungsamt, der inzwischen zum Marineminister ernannt worden war – in Toulon das Kommando über die gesamte französische Mittelmeerflotte. In dieser Funktion spielte er eine wichtige Rolle, indem er in jenen unruhigen Zeiten die Disziplin aufrecht erhielt und es schaffte, daß die Übergangsregierung darauf verzichtete, eine politische Säuberung seines Führungsstabs vorzunehmen. Er kehrte 1850 nach Paris zurück, wo er die letzten vier Jahre seines Lebens verbrachte.
Am 27. Mai 1854 ließ ihm Kaiser Napoleon III. auf dem Krankenbett den Admiralsstab überreichen ; dieser Rang war demjenigen des Marschalls von Frankreich gleichgestellt. Im kurz zuvor begonnenen Krimkrieg (1854-1856) sollte er den Befehl über die französische Schwarzmeerflotte übernehmen. Doch dazu kam es nicht mehr : Charles Baudin starb am 7. Juni 1854.
1822 hatte er geheiratet. Aus dieser Ehe waren zwei Söhne hervorgegangen.
Sein Engagement als Reformierter
Charles Baudin war – nach eigenem Bekunden – aus “Gewissensgründen” zum Protestantismus übergetreten. Daher hatte er auch darum gebeten, als Ritter des Ordens des Heiligen Ludwigs (chevalier de Saint-Louis) nicht vereidigt zu werden, wobei er jedoch klarstellte, es gehe ihm nicht um eine völlige Befreiung vom Eid, sondern lediglich um dessen “auf die Ausübung der römischen Religion bezogenen Teil”.
Er war Mitglied des Ältestenrats und des Konsistoriums der reformierten Kirche von Paris. Bei der Gründung des Zentralrats der reformierten Kirchen (1853) betraute ihn Kaiser Napoleon III. mit der Präsidentschaft, die er bis zum Ende seines Lebens ausübte und der er sich mit seinem ganzen Eifer und weitgespannten Einfluß widmete. “In ihm vereinten sich der stärkste Glaube und die lebendigste Frömmigkeit mit dem Geist der unermüdlichsten und wahrsten christlichen Versöhnung”.
Er hatte großen Anteil an der Wiedereinführung der (katholischen wie protestantischen) Militärseelsorge in der Kriegsmarine, achtete aber auch darauf, daß den Protestanten die freie Ausübung ihres Kultes auf den Schiffen nicht beschnitten wurde. Im April 1854 schrieb er dem Minister des Öffentlichen Unterrichts und der religiösen Kulte :
“Der Zentralrat [der reformierten Kirchen] bittet Sie, sich mit ihrem Amtskollegen von der Marine ins Einvernehmen zu setzen, damit jeden Sonntag auf allen Schiffen der Flotte während der Feier der Messe jene Matrosen, die den beiden protestantischen Glaubensgemeinschaften angehören, die Möglichkeit bekommen, sich untereinander zum Gebet oder zur Bibellektüre zu versammeln. Auch sollte dafür gesorgt werden, daß die Verteilung der ihnen zugedachten Bibeln und religiösen Schriften reibungslos und ohne Behinderung seitens der militärischen Vorgesetzten oder der katholischen Seelsorger vonstatten geht.”