Calvin findet für die Gemeinden Worte des Trostes und des Beistandes
Am 15. März 1557 schreibt er an die Pariser Gemeinde, um diese zu ermutigen, trotz aller alltäglichen Bedrängungen standhaft zu bleiben. Calvin sagt von sich, er sei sich seiner Unfähigkeit bewusst, ihnen wirksam helfen und ihre Schmerzen lindern zu können.
Wahrlich, indem ich Euch ermahne, erfüllt es mich mit Scham, Euch nicht besser an Eurer Seite beistehen zu können, wie es die Lage erfordert und wozu wir eigentlich gehalten sind.
An die Gemeinde von Paris, Juni 1559 : wir sehen uns außer Stande, Eure Not zu lindern ; uns bleibt nur, einen Seufzer des Mitleids auszustoßen.
Calvin spricht sich dafür aus, wagemutig zu sein, aber stets umsichtig vorzugehen. Er ermahnt seine Ansprechpartner, Mut zu beweisen, ohne in Tollkühnheit zu verfallen. Vor allem dringt er darauf, die Reihen geschlossen zu halten und sich gegenseitig geistige Hilfe zu leisten.
An die Gemeinde von Paris, 28. Januar 1555 : Macht Euch schnell daran, zu den Waffen zu greifen, bevor Euch dieses von außen aufgedrängt wird, und haltet Euch auf lange Sicht bereit, damit Ihr, wenn und wann es Gott gefallen wird, Eure Glaubensstärke zu prüfen, den Beweis antreten könnt ; lasst Euch nicht überraschen. … So festigt Euch, meine Brüder, in Dem, der unsere Zuflucht ist. Hütet Euch davor, auseinander zu laufen, denn das wäre Euer sicherer Untergang.
An die Gläubigen im Poitou : Denn zwischen Tollkühnheit und Verzagtheit gibt es einen Mittelweg vernünftiger Furcht, der die Kraft des Heiligen Geistes nicht im Geringsten schwächt und Euch von dem Beistand, den Gott uns leistet, nicht ausschließt.
Calvin verkennt nicht die Gefahren, denen die reformierten Gemeinden in Frankreich ausgesetzt sind, und ist sich der Gewalttaten bewusst, unter denen diese zu leiden haben. Er weiß, es handelt sich um einen Kampf.
Er schreibt : Eure Feinde arbeiten an Eurem Untergang, oder : die Raserei des Feindes ist an einem Punkt angelangt, dass selbst der Tapferste erzittern möchte. An anderer Stelle spricht er von Verpestung und Müll des päpstlichen Götzendienstes.
Aber Calvin weist dennoch jegliche Gewaltanwendung zurück. Er verurteilt die Verschwörung von Amboise und die Verwüstung der Kirchen (die er “Tempel” nennt), da derartige Aktionen unnötigerweise eine schmerzhafte Gegengewalt hervorrufen. Am 26. Februar 1561 schreibt er an die Gemeinde von Paris : Sich mit freudigem Eifer an die Besetzung der Tempel zu machen, hat, wie Ihr wisst, niemals unsere Zustimmung gefunden. Und am 16. September 1557 : Gott lässt die Asche seiner Diener stets fruchtbar werden ; Ausschweifung und Gewalt hingegen führen nur zu Unfruchtbarkeit.
Kampf gegen den Kompromiss
Calvin ruft zur Vorsicht auf, aber er warnt auch vor der Versuchung des Nikodemismus, der für ihn eine Form von religiöser Treulosigkeit ist. (Calvin bezeichnet als “Nikodemiten” diejenigen, die sich der Reformationsbewegung angeschlossen haben, aus Furcht vor Verfolgung jedoch nicht wagen, sich offen dazu zu bekennen und die daher eine katholische Lebensfassade aufrecht erhalten).
Gegen den Geist des Kompromisses muss gekämpft werden, da dieser jede Hoffnung auf eine Kirchenreform zunichte machen könnte. Jeder soll offen zu seiner Glaubenswahl stehen, ohne Wenn und Aber, und sich nicht durch eine Teilnahme an katholischen Kulthandlungen in eine zweifelhafte Lage bringen.
An die Gemeinde von Angers, 19. April 1556 : Ich spreche Euch nicht das Recht ab, angesichts dessen, was man, wie ich höre, gegen Euch ins Werk setzt, betroffen zu sein, vorausgesetzt, dass Eure Betroffenheit Euch nicht so weit entmutigt, dass Ihr das Bekenntnis Eures Glaubens verleugnet und Euch Euren Peinigern unterwerft ; sie sollte Euch vielmehr dazu anhalten, Gott um Beistand anzuflehen, und Euren Glaubenseifer wecken, um Seine Wahrheit zu verteidigen, wie es uns allen geziemt, wenn Sein Ruf an uns erschallt.
An die Gläubigen Frankreichs, Juni 1559 : Wir fordern Euch nicht dazu auf, Euch sehenden Auges und vorbehaltlos dem Rachen der Wölfe auszuliefern ; aber hütet Euch davor, aus der Herde unseres Herrn Jesus auszubrechen und sein Kreuz zu fliehen, und fürchtet die Zerschlagung Seiner Kirche mehr als tausend Tode. Denn welche Entschuldigung bleibt Euch denn, wenn Euch unser Herr Jesus, Sein Vater und alle Engel des Paradieses vorwerfen werden, den Glauben verleugnet zu haben, den Ihr versprochen habt, im Leben wie im Tode zu bekennen ? Welche Schande und Schmach käme über Euch, wenn Ihr, nachdem Ihr einmal der Verpestung und dem Müll des päpstlichen Götzendienstes entflohen seid, Euch aufs Neue darin wälzt und damit doppelt abscheulich im Angesichte Gottes seid ?
Calvin ist sich der bedrohlichen Lage der Gläubigen in Frankreich bewusst, er gibt ihnen aber auch Anlass zur Hoffnung
Er ermutigt diejenigen, die wegen ihres Glaubens leiden, standhaft und vereint zu bleiben.
An die Gemeinde von Paris, 16. September 1557 : Und glaubt nur nicht, Euch werde kein Schutz zuteil, wenn ihr Euch gutartig und friedlich wie die Lämmer dem Wüten der Wölfe aussetzt, denn ihr habt das Versprechen des guten und treuen Hirten, der über uns wacht, Euch niemals zu verlassen, sollte die Raserei und die Grausamkeit unserer Feinde auch noch so maßlos sein. Gott ist stark genug, deren Treiben mit den von Ihm gewählten Mitteln und zu Seiner Zeit ein Ende zu bereiten.
Calvin betont die Notwendigkeit des gegenseitigen Beistandes. Es muss für ihn ständig an der “Einheit” gearbeitet werden. Am 28. Januar 1555 schreibt er an die Gemeinde von Paris : Seht Ihr denn ein geeigneteres Mittel, um Euch in Eurer bedrohten Lage zu helfen, als dass Ihr Euch alle zusammen ermutigt und Euch gegenseitig Kraft gebt ?
In seinem Brief vom Juni 1559 ruft Calvin die Gläubigen Frankreichs dazu auf, sich in Geduld zu üben und Gott zu vertrauen. Er vergleicht die derzeitige Lage mit einem Unwetter : der Gewittersturm ist derart entfesselt, dass kein Ort von ihm verschont wird, aber es besteht Hoffnung : lassen wir diese Finsternis vorüberziehen, warten wir darauf, dass Gott uns mit seinem Licht erwärmt, denn inmitten unseres Kummers und Grams sind wir nicht verlassen, wenn wir Licht in Seinem Wort suchen, das er uns geschenkt hat und das niemals zu leuchten aufhören wird.
An die Gemeinde von Corbigny schreibt er : Hören wir doch die schöne Verkündigung des Apostels, wir seien von der Finsternis umfangen gewesen, aber nun seien wir erleuchtet von Gott, der uns als Kinder des Lichtes auf Seinen Wegen wandeln lässt ; wir seien eitel Fleisch gewesen, aber nun seien wir durch das Blut Jesu Christi gewaschen, um in Reinheit voranzuschreiten ; wir hätten als Sklaven in den Banden der Sünde gelegen, aber Jesus Christus habe uns freigekauft, damit wir fortan zu Seinem Ruhm und Lobpreis leben.