Die Friedensverhandlung von Jean Cavalier
Nach seinem großen Sieg am 15. März 1704 in der Schlacht von Devois-de-Martignargues (in der Nähe von Vézenobre) erleidet Jean Cavalier am 16. April 1704 bei Nages (in der Nähe von Nîmes) eine schlimme Niederlage. Wenige Tage später entdecken die königlichen Truppen sein Lebensmittel- und Munitionslager in der Grotte von Euzet (in der Nähe von Vézenobre). Jean Cavalier fühlt sich seitdem verwundbar. Er weiß, daß er kaum noch darauf zählen kann, von den Bewohnern der Cevennen, denen es selbst an allem fehlt, weiterhin versorgt zu werden.
Als der Marschall Villars am 20. April 1704 den Marschall de Montrevel als Oberkommandierenden der königlichen Truppen im Languedoc ablöst und allen Aufständischen, die ihre Waffen niederlegen, Straffreiheit verspricht, ergreift Cavalier als erster der Kamisardenführer die Gelegenheit und nimmt mit ihm Verhandlungen auf. Es kommt zu Treffen mit zwei Unterhändlern und schließlich, am 16. Mai 1704 in Nîmes, zu einer Zusammenkunft von Cavalier mit Villars und Bâville, dem königlichen Oberaufseher [intendant] des Languedoc. In seinen Verhandlungen mit diesen hohen Würdenträgern zeigt sich Cavalier weniger geschickt als auf dem Schlachtfeld. Er ergibt sich ohne weitere Bedingungen.
Der Waffenstillstand von Calvisson (19. bis 27. Mai 1704)
Die Unterwerfungsurkunde von Cavalier wird an den Königshof in Versailles abgeschickt. Die Kamisarden des Trupps von Cavalier sammeln sich in Calvisson (im heutigen Departement Gard), um dort auf die Antwort des Königs zu warten.
In Calvisson kommt es acht Tage lang zu öffentlichen Versammlungen, Predigten, Gebeten und Psalmengesängen, an denen die gesamte protestantische Bevölkerung der Umgebung teilnimmt. Der Marschall Villars läßt sie gewähren. Kamisarden und Protestanten glauben, sie hätten ihre religiöse Gewissensfreiheit und das Recht auf öffentliche Abhaltung des reformierten Gottesdienstes wiedererlangt.
Schließlich kommt die Antwort des Königs : sollten die Kamisarden nicht in seine Armee eintreten wollen, können sie ins Ausland abzuziehen. Von einer Wiedereinführung des reformierten Gottesdienstes ist nicht die Rede.
Cavalier ist enttäuscht. Die anderen Kamisardenführer schäumen vor Wut. Sie fühlen sich von Cavalier hintergangen und sagen sich von ihm los. Am 21. Juni 1704 verläßt Cavalier mit nur hundert Mann die Cevennen.
Der Tod von Rolland
Während Cavalier noch seine Verhandlungen führt, gelingt dem Trupp von Rolland am Plan-de-Fontmort in den Hohen Cevennen ein siegreicher Überfall auf die königlichen Truppen. Als Rolland von der Kapitulation Cavaliers erfährt, ist er unschlüssig, ob er seinem Beispiel folgen soll. Schließlich entscheidet er sich dazu, den Kampf fortzuführen, da ihm die gegen Louis XIV. im Spanischen Erbfolgekrieg verbündeten Seemächte Waffenhilfe versprochen haben. Doch Rolland wird verraten und am 13. August 1704 im Schloß Castelnau-les-Valence (in der Nähe von Uzès) getötet.
Die Schlacht von Saint-Bénezet
Am 13. September 1704 wird Laurent Ravanel, einer der ehemaligen Unterführer von Cavalier, in der Schlacht von Saint-Bénezet (im Süden von Alès) geschlagen. Hundert bis zweihundert Kamisarden sterben im Kampf. Es handelt sich um die letzte große Schlacht der Kamisarden.
Der Tod von Rolland und diese letzte schwere Niederlage führen zu einem Auseinanderlaufen der Kamisarden. Sie werden von den königlichen Truppen verfolgt, die den Druck verschärfen. Nach und nach geben die Kamisarden auf. Der Kamisardenführer Élie Marion und sein Trupp sind die letzten, die im Oktober 1704 die Waffen strecken. Nach einem Zusammentreffen mit Villars zieht Marion in die Schweiz und später nach London. Die meisten Kamisarden gehen ins Ausland, aber einige bleiben in den Cevennen. Zu ihnen gehört Abraham Mazel. Er wird im Januar 1705 verhaftet und in der Tour de Constance in Aigues-Mortes eingesperrt. Im darauffolgenden Juli gelingt ihm die Flucht, und er geht in die Schweiz.
Das Eingreifen der ausländischen Mächte
Als der Aufstand in den Cevennen gegen Ende Juni 1704 zum Erliegen kommt, beschließen die im Spanischen Erbfolgekrieg gegen Louis XIV. kämpfenden Alliierten, die verbliebenen Kamisarden zu unterstützen. Sie schicken eine Kriegsflotte an die Mittelmeerküste des Languedoc, die jedoch in einem Sturm zerstreut wird.
1705 versuchen die Alliierten, namhafte Katholiken und einige im hugenottischen Refuge lebende Adlige, wie den Marquis de Miremont, für ein gemeinsames Projekt zu gewinnen, das allerdings eher politisch als religiös ausgerichtet ist. Ihre öffentlich gegen Louis XIV. erhobenen Forderungen betreffen die Wiederherstellung der ehemaligen Vorrechte der Obersten Gerichtshöfe Frankreichs [parlements] und die Abschaffung der neuerlich eingeführten Kopfsteuer [capitation].
Im Frühjahr 1705 scheitert eine Verschwörung, die die Entführung von Bâville und des Herzogs de Berwick (des Nachfolgers von Villars) zum Ziel hatte. Bâville ist davon unterrichtet worden und läßt die meisten Verschwörer verhaften. Ravanel und Catinat werden hingerichtet.
1706 befehligt Cavalier, der in den Dienst des Herzogs von Savoyen getreten ist, ein Regiment, das über Katalonien in den Languedoc eindringen soll. Er wird in der Schlacht von Almanza geschlagen : sein Regiment wird aufgerieben, und er selbst schwer verwundet. Er zieht sich nach England zurück und stirbt dort als Gouverneur der Insel Jersey.
Drei Jahre später, im Juni 1709, kehrt Abraham Mazel nach Frankreich zurück und versucht, im Vivarais einen neuen Aufstand anzuzetteln. Die Kamisarden haben anfangs Erfolg, werden aber schon bald vernichtend geschlagen.
Am 14. Oktober 1709 wird Abraham Mazel verraten und in der Nähe von Uzès getötet.
Im Juli 1710 landen die Engländer an der Mittelmeerküste des Languedoc und besetzen für ein paar Tage den Hafen von Sète.
Vom Aufstand zur Predigt
Die wenigen in Frankreich gebliebenen Kamisarden werden unbarmherzig verfolgt. Sie irren kampflos durch die Cevennen. Einige unter ihnen, wie Jacques Bonbonnoux und Pierre Corteiz, werden Prediger und organisieren, nach wie vor im Verborgenen, kleine protestantische Versammlungen.
Ab 1715, dem Todesjahr Ludwigs XIV., helfen sie dem jungen Antoine Court bei der Wiederbelebung der reformierten Kirchen Frankreichs. Diese Restaurationsbewegung geht von den Cevennen aus und Pierre Corteiz wird einer der ersten Prediger der « Wüste ».