Die Einheit der Kirche wiederherstellen
Die politischen und religiösen Spaltungen verhärten sich in Europa nach 1555. Die meisten Fürsten erstreben eine konfessionelle Gleichheit auf ihrem Gebiet. Louis XIV. verlangte in Frankreich : « Un roi, une loi, une foi » (Ein König, ein Gesetz, ein Glaube) ! Die Christen anderer Konfessionen wurden als « Ketzer » betrachtet, mit Gewalt bekehrt, verjagt oder ins Exil gezwungen. Das humanistische Erbe wurde verleugnet. Selbst die Lutheraner betrachteten die Homogeneität in einem Gebiet als unerlässlich.
Das Engagement Melanchthons für die Bewahrung der Einheit der Kirche wurde eine Zeit lang vergessen. Man hielt ihn oft für einen Mitarbeiter Luthers. Die Aufklärung entdeckte ihn wieder. Er wurde dann als ein Theologe betrachter, der die Vernunft und die Kultur sehr schätzte und von daher Wege öffnete, um die kirchlichen Streitigkeiten zu überwinden.
Im 19. Jahrhundert bildeten sich in zahlreichen Regionen Deutschlands unierte Kirchen. Melanchthon wird dort oft als ihr geistiger Vater angesehen. Die erste wissenschaftliche Ausgabe seiner Werke und Briefe wurde nun dem Corpus Reformatorum hinzugefügt. Der 400.Todestag führte 1960 zur Gründung des Studienzentrums Melanchthon in Heidelberg dank dessen die Briefwechsel Melanchthons herausgegeben werden konnten.
Heute hebt man gern die besondere Eigenartigkeit des Schülers Luthers hervor : er war immer bemüht, die Reformation und den Humanismus, die Kultur und den Glauben zusammenzuhalten. Sein Eintreten für die Einheit der Kirche wird als ein ökumenisches Engagement betrachtet.