Die Protestanten haben ihre Respektabilität zurückgewonnen, bewahren sich jedoch ein unabhängiges Urteil
Das Konkordat erkennt die reformierte und die lutherische Glaubensgemeinschaft offiziell an. Die protestantischen Notabeln (angesehene Persönlichkeiten der bürgerlichen Oberschicht) in Paris verzeichnen mit Befriedigung, dass sich die Konsistorien aus glänzenden Persönlichkeiten zusammensetzen. Vertreter der Pastoren werden zu Krönung Napoleons geladen und dieser antwortet mit warmen Worten auf ihre Huldigung. Von den Kanzeln herab werden die kaiserlichen Siege verkündet, an denen auch protestantische Generäle, wie Rapp und Walther, beteiligt sind. Letzterer kommandiert die Gardekavallerie. An der Spitze der Verwaltung und in der Universität sind die Protestanten in großer Zahl vertreten.
Die Kirchen bauen ihre Gemeinschaften wieder auf, insbesondere ihr religiöses Leitungspersonal. Zu der Theologischen Fakultät in Straßburg, die den Lutheranern vorbehalten ist, und der damals zum Kaiserreich gehörenden Theologischen Fakultät Genf kommt 1808 die für die Reformierten gegründete Theologische Fakultät in Montauban hinzu. 1814 ist die nach 1792 stark zurückgegangene Zahl der Pastoren wieder angewachsen : 214 reformierte Pastorenstellen sind besetzt, fast zweimal so viele wie 1802.
Der französische Protestantismus wird nach und nach wieder gesellschaftsfähig, wenn ihn die gemeinsame Religion, die ihn mit dem damals feindlichen England verbindet, auch etwas suspekt erscheinen lässt. Im Großen und Ganzen wendet ihm die öffentliche Meinung jedoch nicht viel Aufmerksamkeit zu und manch einer rechnet damit, dass er bald in der katholischen Kirche aufgeht.
In der unmittelbaren Umgebung Napoleons I. treten dagegen nur ganz wenige Protestanten hervor und die bekanntesten unter ihnen, wie Madame de Staël und Benjamin Constant, erweisen sich bald als Gegner.