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Der Protestantismus
in den Niederlanden

Die Geschichte der holländischen Protestanten ist die des Kampfes in der zweiten Hälfte des 16. und am Anfang des 17. Jahrhunderts gegen die spanische katholische Herrschaft. Er führte zur Unabhängigkeit der Vereinten Provinzen, dem künftigen Königreich Holland. Im Laufe des 17. Jahrhunderts wurde der Calvinismus nach und nach zur vorherrschenden Religion.

Die Reformation und der Krieg gegen Spanien

Wilhelm von Oranien © S.H.P.F.

Schon früh haben die Ideen Luthers Eingang gefunden in den siebzehn Provinzen der Niederlande (Belgien, Holland, Luxemburg und Nordfrankreich), die unter der Herrschaft von Karl dem V vereint wurden.

Ab 1521 veranlaßte Karl der V Aushänge von Verboten. Im Jahre 1525 wurde der erste lutherische Protestant in Den Haag lebendig verbrannt. Dennoch durchdrang ab 1550 der Calvinismus das Land und breitete sich vom Süden Walloniens unter der Führung französischsprachiger Pastoren aus. Der Pastor Guy de Brés (1522-1567) wurde in Valenciennes hingerichtet. Seine Schrift „Confessio belgica“ (1561) wurde zum Bekenntnistext der Niederlande.

Die Ausbreitung des Calvinismus war zeitgleich mit der Auflehnung gegen die spanische Regierung Philipps II. Der Prinz von Oranien, Wilhelm von Nassau, genannt der Schweigsame, der in seiner Qualität als Reichsprinz die oberste Persönlichkeit der Niederlande war, kämpfte sowohl gegen die Inquisition als auch unter der Führung des Herzogs von Alba (Hinrichtung zahlreicher Aristokraten, besonders die des Lamoral von Egmont) gegen die Repression: hunderttausende der Untertanen wanderten nach England und Deutschland aus. Die Verfolgung betraf besonders die Wiedertäufer, eine radikale Bewegung, die sich auf das Nationalbewußtsein der Bevölkerung stützte. Nach einer Proklamation zugunsten des Rechts auf Gewissens-und Landesfreiheit, begann Wilhelm im Verein mit dem Adel– zum Spott „die Bettler“ genannt – den 80jährigen Krieg (1568-1648) gegen die Spanier, einen Krieg, der von Erfolgen und Rückschlägen (Ermordung des Schweigsamen 1584) geprägt war. Der Calvinismus setzte sich als vorherrschende Religion durch, nachdem es die Calvinisten gewesen waren, die den harten Kern der Revolte neben den weniger zahlreichen Lutheranern gebildet hatten.

Die Schaffung der Vereinigten Provinzen

Die Synode3 von Dordrecht (1618-1619) © Musée international de la Réforme Genève

Die „Sache der Religion“ erklärt, dass die siebzehn Provinzen sich Ende des 16 Jahrhunderts voneinander trennten. Die südlichen Provinzen (Arbois, Flandern, Hennegau, Wallonien) blieben dem Katholizismus treu und bildeten die Union von Arras, während die sieben Vereinigten Provinzen des Nordens (Holland, Zeeland, Gueldre, Utrecht, Fris, Overijssel und Groningen) , vereint in der Union von Utrecht, calvinistisch blieben: die künftige Teilung der Niederlande war damit im Keim angelegt. Der von einem Katholiken 1584 ermordete Wilhelm wäre zweifellos zum König gewählt worden, nun aber organisierten sich 1588 die Vereinigten Provinzen als Republik, d. h. als eine Konföderation, in der jede Provinz große Autonomie behielt. Das Ganze wurde von einem Statthalter „stathouder“, dem die Armee unterstand, und von einem „pensionnaire“, der die Aussenbeziehungen regelte, geleitet.

Nach der Synode von Dordrecht im Jahre 1618 wurde die reformierte Kirche als weltliche Autorität eingestuft und offiziell anerkannt. Die individuelle Religionsfreiheit wurde daraufhin garantiert.

Diese Forderung nach religiöser Freiheit prägte das nationale Bewusstsein und ging einher mit dem Auftauchen eines Klimas von Toleranz auf geistigem, wissenschaftlichem und künstlerischem Gebiet (das „Goldene Zeitalter“ mit Spinoza, Descartes, Locke, Huygens und Rembrandt). Dennoch blieb der Calvinismus die privilegierte Kirche: Katholiken, Lutheraner und Mennoniten wurden zwar geduldet, aber vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Sie kamen nicht in den Genuss der finanziellen Unterstützung, die der offiziellen reformierten Kirche, der die gesamte politische Führung angehörte, (der Statthalter und die, Mitglieder der General-und Provinzstände) gewährt wurde. Diese Lage als privilegierte Kirche erlaubte die Ausbreitung des Calvinismus, dem in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Mehrheit der Bevölkerung angehörte. Von seiner Vitalität, sowie von der Existenz französischsprachiger Gemeinden (die wallonischen Kirchen), fühlten sich dank der Aufhebung des Ediktes von Nantes zahlreiche französische Flüchtlinge angezogen., Die berühmtesten unter ihnen sind die Theologieprofessoren Pierre Bayle und Pierre Jurieu.

Der Streit der Arminier

Arminius (1560-1609)
Arminius (1560-1609)

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde das kirchliche Leben durch den Streit zwischen den strikten Calvinisten und den „Remonstranten“ genannten Anhängern von Johannes Arminius (1562-1609) erschüttert. Die „Remonstranten“ standen der calvinistischen Lehre der Prädestination feindlich gegenüber. Sie vertraten eine gemäßigte, tolerante Strömung der reformierten Kirche, indem sie die Freiheit des Menschen gegenüber Gott und der Kirche unterstrichen.

Der Sohn des Schweigsamen, Moritz von Nassau, nutzte diese Uneinigkeit aus, um den „pensionnaire“ Oldenbarnevelt aus dem Weg zu schaffen. Durch seinen Fall wurden die „Remonstranten“ auch mitgerissen und 1618 anlässlich der Synode von Dordrecht verurteilt. Diese Entscheidung sollte Auswirkungen auf die reformierte Kirche in Frankreich und in den meisten europäischen Ländern haben. Später geduldet, gründeten sie die Kirche der „Remonstranten“, die mit 10 000 Mitgliedern heute noch existiert.

Im Verlauf des 30jährigen Krieges verschaffte die Allianz mit Frankreich im Vertrag von Münster den Vereinigten Provinzen die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts führten puritanischer Einflüsse zur Schaffung kleiner Gruppen mit stärkerer Frömmigkeit und strikterer Moral. Einige dieser Gruppen trennten sich von der reformierten Kirche.

Das 19. Jahrhundert: Trennung von Holland und Belgien

Abraham Kuyper © Collection privée

Die Leitung durch das Statthalteramt blieb schwächlich. Nachdem die französische Revolution eine batavische Republik, dann Napoleon das Königreich Holland zugunsten seines Bruders Louis geschaffen hatten, begründete der Wiener Kongreß das Vereinigte Königreich der Niederlande als Monarchie. Der von den Franzosen abgesetzte Sohn des stathouders, bestieg unter dem Namen Wilhelm I den Thron dieses künstlich geschaffenen Königreichs, wenn man die religiösen, sprachlichen und wirtschaftlichen Unterschiede bedenkt. Infolge der Pariser Revolution vom Juli 1830 brach ein Aufstand in Brüssel aus: eine provisorische belgische Regierung proklamierte am 4. Oktober die Unabhängigkeit Belgiens und zerbrach damit die Einheit der beiden Teile der Niederlande.

In den Niederlanden unterstellte König Wilhelm I. die reformierte Kirche der Autorität der Regierung. Über die Hälfte des niederländischen Volkes gehörte ihr an. Als Kirche synodaler Ausrichtung wurde sie mehr und mehr von politischem Liberalismus geprägt, auf den die im 19. Jahrhundert entstehenden zahlreichen Glaubensverschiedenheiten zurückzuführen sind, in denen sich Revivalisten und Liberale einander gegenüberstellten.

Aber das Schulproblem offenbarte und begünstigte die Kontroverse zwischen liberalen „Modernen“ den orthodoxen „Konfessionellen“ und den „Evangelikalen“ des Zentrums. . Der Pastor und Politiker Abraham Kuyper (1837-1920) vereinte die Gegner des religiösen und politischen Liberalismus und trennte sich von der nationalen Kirche. Er gründete 1880 die Freie Universität Amsterdam, ebenso 1885 die von der Staatskirche getrennte neo-calvinistische Kirche. Dank des Zusammenschlusses mit der antirevolutionären politischen Partei erhielt er beträchtlichen Einfluss auf das soziale und politische Leben. Weitere Spaltungen entstanden, die zu einer Fülle von mehr oder minder fundamentalistischen Gemeinden führten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Jahre 1956 wurde der Religionsunterricht aus dem Stundenplan der öffentlichen Schulen gestrichen.

Zwischen Katholiken und Protestanten entwickelt sich ein Klima der Toleranz.

Unter den 16 Millionen Einwohnern stellen heute die Protestanten 3,5 Millionen, die vornehmlich im Süden des Landes angesiedelten Katholiken 5.2 Millionen der Bevölkerung. Unter den protestantischen Kirchen ist die Protestantische Kirche der Niederlande

mit 2,5 Millionen Mitgliedern die zahlenstärkste Kirche. Sie ist das Ergebnis eines Vereinigungsprozesses, der seit 1961 angestrebt, im Jahre 2004 seinen Abschluss fand, bestehend aus:

  • der reformierten niederländischen Kirche
  • den fundamentalistischeren reformierten Kirchen der Niederlande
  • und der sehr Minoritäten evangelisch lutherischen Kirche im Königreich der Niederlande,

Die Verfassung der Protestantischen Kirche in den Niederlanden respektiert die theologische Pluralität der Gemeinden. Nur etwa 5% der Mitglieder der ehemaligen Kirchen haben den Zusammenschluss abgelehnt und haben sich in der Wiederhergestellten Reformierten Kirche zusammengeschlossen. Neben ihnen bestehen auch zahlreiche weitere protestantische Kirchen wie die Mennoniten, Evangelikalen und die Pfingstgemeinden.

Einen Sonderfall stellen die wallonischen Kirchen französischer Sprache dar. Anlässlich der Teilung der Niederlande hatte eine kleine Anzahl französischsprachiger Calvinisten den katholischen Süden verlassen und sich in den Städten des Nordens, besonders in Amsterdam, angesiedelt.

Diese Kirchen sind niederländisch und gehören zur Protestantischen Kirche der Niederlande, wenn auch die französische Sprache dort weiterhin beibehalten wird.

Bibliographie

  • Seiten
    • Site des Églises wallonnes au Pays-Bas | Link
  • Bücher
    • MILLER John, L’Europe protestante aux XVIe et XVIIe siècles, Belin-De Boeck, 1997
    • MOURIQUAND Jacques et PIVOT Laurence, L’Europe des protestants de 1520 à nos jours, Jean-Claude Lattès, 1993

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