Friedenszeiten
Nach dem Frieden von Saint-Germain und obwohl das Zusammenleben von Protestanten und Katholiken schwierig bleibt mit vereinzelten Unruhen ab November 1570 in Amiens, Rouen und Orange, scheint der Frieden möglich.
Katharina von Medici versucht die äußeren Bündnisse zu konsolidieren. Seit dem Treffen von Bayonne haben sich die Beziehungen zu Spanien verschlechtert. Gaspard de Coligny, der am Hof wieder gnädig aufgenommen wurde, seine Admiralswürde wiedererlangt und am Privatrat des Königs teilnimmt, plädiert für ein französisches Eingreifen. Der Kampf gegen einen gemeinsamen Feind, die Spanier, ist für ihn das beste Mittel, Katholiken und Protestanten zu vereinen. Aber dieser Plan wird aufgegeben, da die mächtige spanische Armee durch ihren Sieg gegen die Türken in der Schlacht von Lepanto an Prestige gewonnen hat (7. Oktober 1571).
Um die innere Lage zu festigen, beschließt Katharina von Medici, die in ihrer Politik den Vereinigungen unter königlichen Familien großes Gewicht beilegt, die Hochzeit ihrer jüngsten Tochter Margarete mit dem Protestanten Heinrich von Navarra (dem künftigen Heinrich IV.).
Seine Mutter, Königin Johanna von Albret, ist zunächst dagegen, lässt sich dann aber überzeugen. Der Ehevertrag wird am 11. April 1572 vom Kardinal von Bourbon, dem Onkel des Königs und künftigen Mitglied des katholischen Bündnisses, unterzeichnet.
Heinrich von Navarra zieht am 8. Juli 1572 in Paris ein, umgeben von 900 schwarz gekleideten hugenottischen Adligen, da der König Trauer um seine einen Monat zuvor verstorbene Mutter trägt. Die Hochzeit wird am 18. August in Notre Dame gefeiert: ein großes Podest wird draußen aufgebaut, Heinrich führt sein Gemahlin bis in den Chor der Kathedrale, damit sie die im Inneren gefeierte Hochzeitsmesse hören kann, aber er geht wieder hinaus ohne an dieser Messe teilzunehmen, denn die Segnung der Ehe wird auf dem Podest vollzogen. Drei Tage andauernde prächtige Feste sollen die Versöhnung zwischen den beiden Parteien besiegeln.
Kriegszeiten
Die Nachricht über die Heirat der Schwester des Königs mit einem Hugenotten bestürzt die Pariser, die einem traditionellen Katholizismus anhängen. Für sie ist der Hugenotte ein Fremder, verantwortlich für die Unglücksfälle, die das Land seit zehn Jahren heimsuchen. Ihr Idol ist Heinrich von Guise und sie entrüsten sich über den Schutz, den dieser Hof den besiegten Häretikern gewährt.
In Paris sind die Calvinisten stark in der Minderheit, ihr Gottesdienst ist sogar in Friedenszeiten verboten. Die meisten von ihnen wohnen auf dem linken Seineufer, im Vorort Saint-Germain, der auch „das kleine Genf“ genannt wird.
Admiral Gaspard de Coligny hat sich in der Nähe des Louvre niedergelassen, in der Straße Béthisy, und wird Tag und Nacht von Schweizern bewacht. Er weiß, dass er bedroht ist, und geht daher nur umgeben von seinen Getreuen aus dem Haus. Am Freitag, dem 22. August, begibt er sich zum Rat des Königs und liest im Gehen einen Brief. Ein Schuss geht los und verletzt ihn an seiner rechten Hand und am linken Arm. Die Nachricht verbreitet sich in der ganzen Stadt und man befürchtet das Schlimmste.
Die Protestanten umstellen das Haus des Admirals und fordern eine Untersuchungskommission, denn sie verdächtigen die Familie Guise, ja sogar die Königinmutter und den Herzog von Anjou.
Der König stimmt dieser Untersuchung zu. Da sie wahrscheinlich die Verantwortlichen für das Attentat zu Tage fördern wird, gelingt es dem Rat des Königs, den König davon zu überzeugen, dass die Anführer der Hugenotten sterben müssen, da sie die Macht ergreifen wollen. Karl IX. gibt nach, eine Liste der Opfer wird erstellt.
Es ergeht der Befehl, die Stadttore zu schließen und die Schiffe auf der Seine anzuketten, um jegliche Flucht zu verhindern. Beim Erklingen der Sturmglocke beginnt die Hinrichtung am frühen Morgen des 24. August unter der Aufsicht des Herzogs von Anjou. Gaspard de Coligny wird in seinem Haus ermordet. Er wird aus dem Fenster auf das Pflaster geworfen, entmannt, geköpft, sein Körper wird von Kindern durch die Straße gezogen, dann am Galgen von Montfaucon aufgehängt, der Stätte der gewöhnlichen Hinrichtungen. Die Mörder verteilen sich im Hof des Louvre, in den Zimmern und Galerien.
Alle anwesenden hugenottischen Adligen werden getötet außer den Fürsten von Geblüt Heinrich von Navarra und Heinrich von Condé unter der Bedingung, dass sie abschwören. Die Truppen der Familie Guise schwärmen in das Viertel Saint-Germain l’Auxerrois aus, wo alle Protestanten getötet werden. Nur denen, die in Saint-Germain-des-Prés wohnen, gelingt die Flucht. Zweihundert Adlige werden getötet, die Leichen im Hof des Louvre angehäuft.
Gleich am nächsten Morgen greifen die Milizen zu den Waffen und das Blutbad geht in der Stadt weiter. Es dauert drei Tage lang, während denen die Stadttore geschlossen bleiben. Um sich gegenseitig zu erkennen, heften die Massenmörder weiße Kreuze an ihre Kleider und Hüte. Die Mörder töten auf Denunzierungen hin und verschonen weder Frauen noch Kinder; sogar einige katholische Bürger werden getötet. Mönche stacheln die Mörder an, um Paris von dieser „verfluchten Rasse“ zu befreien. Blut fließt in den Straßen. Über 1800 Leichen werden aus der Seine gezogen.
Am 25. August 1572 befiehlt Karl IX. dem Oberrichter der Händler, mit dem Morden aufzuhören und die Überlebenden zu schützen. Am nächsten Tag begibt sich der König ins Parlament, um die Verantwortung für die Hinrichtung der Hugenotten zu übernehmen, indem er eine Verschwörung gegen ihn und seine Familie durch Gaspard de Coligny vorgibt. Die Schuldigen seien nun bestraft worden und der König versichert, er wolle sich nicht an den übrigen Protestanten vergreifen, die weiterhin unter seinem Schutz stünden.
Im Allgemeinen wird die Zahl von 4.000 Toten festgehalten. Gleich am 24. August erreicht die Nachricht von den Pariser Massakern die Provinz. Bald sind alle Städte betroffen: 1200 Opfer in Orléans, 600 in Meaux, 300 in Roanne, zwischen 500 und 3000 in Lyon usw. Botschaften der Pariser Extremisten – nicht des Königs – führen zu diesen Blutbädern ohne genaue Anordnungen. Die Haltung der Verantwortlichen vor Ort ist unterschiedlich. Einige stacheln zum Mord an wie Ludwig von Bourbon, Herzog von Montpensier, Gouverneur der Bretagne, andere lassen es geschehen wie der Bürgermeister von Bordeaux, wo fast 300 Menschen getötet werden.
Aber das Grauen dieser Gewalttaten und die damit verbundenen Plünderungen veranlassen zuweilen Richter und Mitglieder des Klerus, Hugenotten zu schützen, oft indem sie sie ins Gefängnis sperren. Doch in Lyon, am 31. August, lässt der Mob die Tore des Gefängnisses des Cordeliers öffnen und tötet alle Gefangenen. Zahlreiche Gouverneure versuchen, das Blutbad zu begrenzen: „Ich habe dem König immer als Soldat gedient und bin verärgert, bei dieser Gelegenheit als Henker dienen zu sollen“, sagte einer von ihnen. Das Gemetzel dauert mehrere Monate an. „Die Bartholomäusnacht ist kein Tag, sondern eine Jahreszeit“, schreibt Michelet. Die Zahl der Opfer zu schätzen ist schwierig: sie liegt wohl zwischen 7.000 und 21.000.
Um das Geschehen zu rechtfertigen, werden Gesandte an die europäischen Höfe geschickt. Papst Gregor XIII. feiert das Ereignis mit einer Danksagungsmesse und lässt eine Medaille prägen. Philipp II. lässt ein Te Deum singen. Im Gegensatz dazu prangert Kaiser Maximilian II., der Schwiegervater Karls IX., den Mord an Gaspard de Coligny als einen Akt der Tyrannei an. In England, der Schweiz und den Niederlanden ist die Entrüstung allgemein. Zahlreiche Protestanten sind so verängstigt, dass sie abschwören. Viele machen sich auch auf ins Exil in die Länder der Fluchtbewegung: die Schweiz, Deutschland, die Niederlande und England.
Als Antwort auf die Massaker greifen die südfranzösischen Regionen Languedoc, Vivarais, die Cevennen und Montauban zu den Waffen und die Städte verschließen ihre Tore vor den königlichen Truppen. Die Belagerung von Sommières durch den Grafen von Damville-Montmorency dauert zwei Monate. Die Stadt wird von Bewohnern der Cevennen verteidigt, die an ihrem Hut den Zinnlöffel der „Geusen von Zeland“ tragen. Damville lässt sie am Leben. Die Belagerung von Sancerre, von März bis August 1573, ist furchtbar, die Bevölkerung verhungert. Die Verteidiger werden am Leben gelassen.
Aber La Rochelle gilt als Beispiel des Widerstandes bis zum Äußersten. Flüchtlinge aus dem ganzen Königreich treffen sich dort wieder. Die Pastoren predigen den Kampf und berufen sich auf die Bibel, mehrere von ihnen sitzen im Stadtrat. Die Belagerung, angeführt vom Herzog Heinrich von Anjou, dauert von März bis August 1573. Mehrere Angriffe scheitern. Der Misserfolg der Hilfsexpedition aus England entmutigt die Bevölkerung nicht, die von den flammenden Predigten der Pastoren unterstützt wird. Aber nach und nach fehlt es an Lebensmitteln, die Bevölkerung ist erschöpft. Am 11. Mai wird La Rochelle durch die Nachricht der Wahl des Herzogs Heinrich von Anjou auf den polnischen Thron gerettet. Er gibt die Belagerung auf und unterzeichnet am 21. Juni 1577 einen Waffenstillstand.
Das Edikt von Boulogne, das am 11. August im Pariser Parlament eingetragen wird, verkündet den Frieden und das Vergessen der Schrecken der Bartholomäusnacht. Es gewährt Gewissensfreiheit, aber die Freiheit, Gottesdienste abzuhalten wird auf drei Städte beschränkt: La Rochelle, Nîmes und Montauban, später auch Sancerre. Es handelt sich um das Edikt mit den meisten Einschränkungen: das Abendmahl ist sogar bei den obersten Gerichtsherren verboten.
Durch ihre außergewöhnlich gewalttätige Seite wirft die Bartholomäusnacht für die Historiker zahlreiche Fragen auf. Verteidigung des Königtums gegenüber einer Verschwörung, allgemeine Verschwörung der katholischen Monarchien gegen die Protestanten, Rachefeldzug der Familie Guise, Druckmittel für einen Frieden mit Spanien, das die Zerstörung der „Häresie“ forderte, „Klassenverbrechen der Armen gegen die reichen Hugenotten“ – die Bartholomäusnacht stellt immer noch eines der großen Rätsel der Religionskriege dar.