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Die Protestanten in den verschiedenen Körperschaften

Zur Zeit der Französischen Revolution beteiligten sich auch Protestanten an der politischen Entwicklung.

Sie traten dabei aber niemals als Vertreter ihrer Glaubengemeinschaft auf. Das lag vielleicht auch daran, daß das Toleranzedikt erst im November 1787 erlassen worden war : die Protestanten hatten sich während ihres länger als ein Jahrhundert dauernden religiösen Lebens im Untergrund ein unauffälliges Auftreten angewöhnt, das sich in nur knapp zwei Jahren nicht ablegen ließ.

Eine reine Auszählung ergibt, daß die absolute Zahl der als Protestanten identifizierbaren Mitglieder der politischen Köperschaften im Laufe der Zeit anstieg.

Die Konstituante (9. Juli 1789 - 30. September 1791)

Antoine Barnave (1761-1793). Rechtsanwalt, Abgeordneter © S.H.P.F.

Am 5. Mai 1789 war die Generalständeversammlung (1200 Abgeordnete) in Versailles zusammengetreten. Am 17. Juni 1789 vereinigten sich die Vertreter des Dritten Standes zur französischen Nationalversammlung. Unter den von ihr in die Verfassungsgebende Versammlung entsandten Abgeordneten befanden sich 17 Protestanten [die Ortsangabe bezeichnet den Bezirk, den sie in der Generalständeversammlung vertraten] :

  • Barnave, 28 Jahre, Provinz Dauphiné, Advokat am Obersten Provinzialgerichtshof [parlement] des Dauphiné in Grenoble,
  • Boissy d’Anglas, 33 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Annonay, Advokat am Obersten Gerichtshof [parlement] von Paris,
  • Chambon-Latour, 50 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Nîmes, Advokat, Bürgermeister von Uzès,
  • Couderc, 48 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Lyon, Kaufmann,
  • De Cussy, 50 Jahre, Gerichtsbezirk [bailliage] von Caen, Direktor der Münzanstalt,
  • Gallot, 55 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Poitiers, Arzt,
  • Garesché, 51 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Saintes, Kaufmann,
  • Lamy, 61 Jahre, Gerichtsbezirk [bailliage] von Caen, Kaufmann,
  • Mestre, 56 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Libourne, Advokat in Sainte-Foy,
  • Meynier de Salinelles, 60 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Nîmes, Kaufmann,
  • Nairac, 57 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Bordeaux, Kaufmann,
  • Quatrefages de La Roquette, 58 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Nîmes, Kaufmann,
  • Rabaut Saint-Étienne, 56 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Nîmes (er war Pastor, wurde aber offiziell als Grundbesitzer geführt),
  • De Rathsamhausen, 53 Jahre, Haguenau-Wissembourg, Oberst,
  • Soustelle, 50 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Nîmes, Advokat in Alès,
  • Turckheim, 40 Jahre, Strasbourg, Stadtrat,
  • Voulland, 48 Jahre, Gerichtsbezirk [sénéchaussée] von Nîmes, Advokat in Uzès.

Trotz ihrer vergleichsweise geringen Anzahl bildeten diese Abgeordneten keine geschlossene Fraktion. Unter ihnen traten nur zwei ins Licht der Öffentlichkeit : Rabaut Saint-Étienne und Barnave.

Die Legislative (1. Oktober 1791 - 21. September 1792)

Da die Abgeordneten der Verfassungsgebenden Versammlung nicht mehr für die Gesetzgebende Versammlung kandidieren durften, entsandte die Nationalversammlung zwangsläufig andere Abgeordnete. Unter diesen befanden sich folgende Protestanten [die Ortsangabe bezeichnet das Departement, in dem sie zu Abgeordneten der Nationalversammlung gewählt worden waren] :

  • Alba-Lasource, 29 Jahre, Tarn, Pastor,
  • Allut, 49 Jahre, Gard, Kaufmann,
  • Cambon, 36 Jahre, Hérault, Kaufmann,
  • Delon, 38 Jahre, Gard, Jurist,
  • Eschassériaux der Ältere, 41 Jahre, Charente Inférieure, Advokat,
  • Gamon, 25 Jahre, Ardèche, Advokat (er kam als Nachrücker erst sehr spät in der Versammlung),
  • Garrau, 36 Jahre, Gironde, Advokat,
  • De Gasparin, 38 Jahre, Bouche-du-Rhône, Militär,
  • Haussmann, 32 Jahre, Seine-et-Oise, Textilkaufmann,
  • Ingrand, 36 Jahre, Vienne, Advokat,
  • De Jaucourt, 35 Jahre, Seine-et-Marne, Oberst der Dragoner,
  • Jay, 49 Jahre, Gironde, Pastor,
  • Laffon de Ladébat, 46 Jahre, Gironde, Agronom,
  • Leyris-Descombes, 30 Jahre, Gard, Jurist,
  • Lozeran de Fressac, 39 Jahre, Lozère, Friedensrichter,
  • Ménard, 36 Jahre, Gard, Mitglied der Departementsregierung,
  • Pieyre, 37 Jahre, Gard, Kaufmann,
  • Pinet, 38 Jahre, Dordogne, Kaufmann,
  • Rühl, 55 Jahre, Bas-Rhin, Archivist, Mitglied der Departementsregierung,
  • Sers, 46 Jahre, Gironde, Reeder,
  • Sevenne, 43 Jahre, Lozère, Jurist,
  • Vincens-Planchut, 37 Jahre, Gard, Chemiker.

Mit 22 Vertretern in einer Versammlung von 745 Mitgliedern (2,95%) waren die Protestanten zahlreicher als vorher. Die drei aktivsten Abgeordneten waren Rühl, Cambon und Alba-Lasource. Nur Alba-Lasource gab sich in der Sitzung vom 25. August 1792 als reformierter Pastor zu erkennen und zögerte in dieser Eigenschaft nicht, seine katholischen Amtsbrüder, die den Verfassungseid verweigerten [prêtres réfractaires] in Schutz zu nehmen.

Der Konvent (22. September 1792 - 26. Oktober 1795)

Rabaut Saint-Étienne

Die Nationalversammlung der französischen Republik bestand aus 749 Abgeordneten, von denen 36 Protestanten waren (4,8%) :

  • Alba-Lasource, 30 Jahre, Tarn, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Bayle, 37 Jahre, Bouches-du-Rhône, Generalstaatsanwalt des Departements,
  • Bernard Saint-Affrique, 47 Jahre, Aveyron, Pastor,
  • Berthezène, 44 Jahre, Gard, Advokat,
  • Boissy d’Anglas, 37 Jahre, Ardèche, zuvor Mitglied der Konstituante,
  • Cambon, 36 Jahre, Hérault, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Chambon-Latour, 37 Jahre, Gard, zuvor Mitglied der Konstituante,
  • De Cussy, 54 Jahre, Calvados, zuvor Mitglied der Konstituante,
  • Dechézeaux, 33 Jahre, Charente Inférieure, Kaufmann,
  • Dentzel, 38 Jahre, Bas-Rhin, Pastor,
  • Dupuch, 47 Jahre, Guadeloupe, Notar,
  • Ehrmann, 36 ans, Bas-Rhin, Advokat,
  • Eschassériaux der Ältere, 40 Jahre, Charente-Inférieure, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Eschassériaux René, 39 Jahre, Charente Inférieure, Arzt,
  • Garrau, 37 Jahre, Gironde, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Gamon, 26 Jahre, Ardèche, zuvor Mitglied der Legislative,
  • De Gasparin, 39 Jahre, Bouches-du-Rhône, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Grimmer, 46 Jahre, Bas-Rhin, ehemaliger Pastor,
  • Hardy, 45 Jahre, Seine-Inférieure, Arzt,
  • Haussmann, 33 Jahre, Seine-et-Oise, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Ingrand, 37 Jahre, Vienne, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Jay, 50 Jahre, Gironde, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Jeanbon Saint-André, 54 Jahre, Lot, Pastor, Schiffskapitän,
  • Johannot, 45 Jahre, Haut-Rhin, Präsident der Departementsregierung,
  • Julien de Toulouse, 33 Jahre, Haute-Garonne, Pastor,
  • Leyris-Descombes, 31 Jahre, Gard, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Lombard-Lachaux, 49 Jahre, Loiret, Pastor,
  • Marat, 50 Jahre, Paris, Schriftsteller,
  • Pelet de la Lozère, 44 Jahre, Lozère, Richter,
  • Pinet, 39 Jahre, Dordogne, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Rabaut-Pomier, 49 Jahre, Gard, Pastor,
  • Rabaut Saint-Étienne, 50 Jahre, Aube, zuvor Mitglied der Konstituante,
  • Rühl, 56 Jahre, Bas-Rhin, zuvor Mitglied der Legislative,
  • Saint-Martin Valogne, 43 Jahre, Aveyron, Gerichtsrat am Rechnungshof, Bürgermeister von Millau,
  • Servière, 44 Jahre, Lozère, Kaufmann,
  • Voulland, 42 Jahre, Gard, zuvor Mitglied der Konstituante.

Mehrere Abgeordnete hatten zuvor der Konstituante und der Legislative angehört.

So waren Boissy d’Anglas, Chambon-Latour, de Cussy, Rabaut Saint-Étienne und Voulland ehemalige Mitglieder der Konstituante.

Alba-Lasource, Cambon, Eschassériaux der Ältere, Gamon, Garrau, de Gasperin, Haussmann, Ingrand, Jay, Leyris-Descombes, Pinet und Rühl hatten einen Sitz in der Legislative inngehabt.

Auch in dieser dritten Versammlung gab es keinen politischen Zusammenhalt unter den Abgeordneten protestantischen Glaubens. Einige – wie Rabaut Saint-Étienne -schlossen sich den Girondisten an, andere – wie Marat oder Cambon – gehörten zur Bergpartei.

Ihr Abstimmungsverhalten über den Tod des Königs fiel daher zwangsläufig unterschiedlich aus. Auch die Pastoren standen in verschiedenen Lagern.

Bernard Saint-Affrique (Pastor), Boissy d’Anglas, Cussy, Déchézeaux, Hardy, Rabaut Saint-Étienne (Pastor), Saint-Martin Valogne stimmten gegen die Hinrichtung.

Hingegen befürworteten das Todesurteil : Alba-Lasource (Pastor), Bayle, Cambon, Eschassériaux der Ältere, Garrau, Gasperin, Ingrand, Jay, Jeanbon Saint-André (Pastor), Julien de Toulouse (Pastor), Leyris-Descombes, Marat, Pinet, Servière und Voulland. Sie stellten die zahlenmäßig größere Gruppe der protestantischen Abgeordneten.

Einige sprachen sich in dieser Angelegenheit für einen Mittelweg aus. So forderten Berthézène, Gamon, Johannot, Lombard-Lachaux (Pastor) und Rabaut-Pomier (Pastor) die vorläufige Aussetzung des Todesurteils bis zu dessen eventueller Bestätigung durch einen allgemeinen Volksentscheid.

Bibliographie

  • Bücher
    • Liste des députés par département et par législative, de mai 1789 à mai 1889, Paris, 1889
    • ROBERT Adolphe, BOURLOTON Edgar et COUGNY Gaston, Dictionnaire des parlementaires français de 1789 à 1889, Bourloton éditeur, Paris, 1889, Volume 5
  • Artikels
    • POUJOL Jacques, „Le changement d’image des protestants pendant la Révolution“, Bulletin de la SHPF, SHPF, Paris, 1989, Tome 127, p. 500-541

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