Die Banken entwickeln sich im 19. Jahrhundert
Das Zusammenwirken einer gewissen Anzahl von Faktoren hat zu dieser großen Veränderung beigetragen : die zunehmenden Kenntnisse, die sich entwickelnde Forschung, der sich beschleunigende technische Fortschritt, die Eigenständigkeit des Banksektors gehören zu den wichtigsten. Die Aktivität der Banken bestand natürlich schon seit langem in Form von Kredit- und Wechselwesen. Aber sie war im wesentlichen mit geschäftlichen Erfolgen verbunden, deren Profit es erlaubte, die für diese Operationen notwendigen flüssigen
Gelder zur Verfügung zu stellen.
Operationen dieser Art nehmen immer mehr zu, sie entwickeln sich jenseits einer gewissen Schwelle zu einer eigenständigen Aktivität, die nämlich der Geschäftsbanken, und sie setzen eine immer größeres und spezielleres Know-how voraus.
Am Ende des 19. Jahrhunderts erweitern die Geschäftsbanken noch ihre Kompetenz, indem sie auch Depotbanken werden (die auf individuellem Sparen aufbauen). In diesem Kontext haben sich die Bankiers nicht nur an industriellen und kommerziellen Initiativen, die ihnen vernünftig erschienen, beteiligt, sondern auch Initiativen gefördert, welche die wirtschaftliche Dynamik ankurbeln könnten. Sie haben insbesondere großen Anteil an der städtischen Entwicklung genommen und sich für Immobiliengeschäfte interessiert – der Bau von Gebäuden, aber auch der Bau von Kanalisationssystemen, welche die Wasserversorgung in den Städten gewährleisten, und auch von Theatersälen. Sie haben ebenfalls dazu beigetragen, dass die ersten Eisenbahnlinien gebaut wurden. Sie haben die ersten Versicherungsgesellschaften gegründet. Die Bedeutung dieser Initiativen, die allerdings auch Rückschläge erlitten, hat den Bankiers, die dafür zuständig waren, oft eine große Rolle in der Öffentlichkeit eingeräumt.
Die Protestanten des Refuge
Die Entwicklung des Banksektors im 19. Jahrhundert in Frankreich verdankt jenen Persönlichkeiten viel, die aus der Schweiz, aus Deutschland oder Italien kamen, darunter viele Protestanten (Calvin äußerte sich nämlich nie negativ über Zinsdarlehen, sofern die technischen Bedingungen klar definiert waren).
Die Familien dieser protestantischen Bankiers waren damals meist französischen Ursprungs ; einige von ihnen hatten Frankreich schon im 16. Jahrhundert verlassen (die Mallets ließen sich in der Stadt Calvins, in Genf, nieder), andere im 17. Jahrhundert, je nach Häufigkeit der religiösen Verfolgungen : die Andrés ließen sich in Italien nieder. Viele siedelten sich in Deutschland an. Einige schließlich fühlten sich dem Elsass verbunden, das einen besonderen Status innehatte und den Austausch mit Deutschland begünstigte. Sie alle hatten glänzende wirtschaftliche Aktivitäten vorzuweisen, die oft mit der Textilindustrie verbunden waren (die Familie Schlumberger, die Familie Poupart von Neuflize) und mit ihren vielfältigen Nebenproduktionen. Diese Aktivitäten hatten ihnen auf europäischer Ebene Zugang zu den Finanzmärkten verschafft. Im 18. Jahrhundert hatten die Mallets sogar dem französischen Staat geholfen, diese oder jene militärische Operation zu finanzieren ; sie kamen nach Frankreich, der Genfer Isaac Mallet als erster, um zu verlangen, was ihnen zustand.
Eine spezielle Ethik
Aus historischen und technischen Gründen waren also viele französische Geschäftsbanken des 19. Jahrhunderts protestantisch. Ihre Einstellung zur Arbeit zeigte oft Spuren dieser Zugehörigkeit, besonders der Rückgriff auf deutlich definierte Bankvorgänge, eine bestimmte Art der Geschäftsführung und ein ausgeprägtes soziales Verantwortungsgefühl, allerdings innerhalb der Grenzen eines gewissen Paternalismus, der ihre Weltauffassung umriss. Wenn die Banken auch im allgemeinen Versicherungssysteme entwickelt haben, so haben die meisten protestantischen Banken, die dies in Angriff nahmen (Delessert und Cazenove unter anderen), auch Versicherungen auf Gegenseitigkeit eingerichtet. Infolge eines beunruhigenden Berichts (veröffentlicht 1839 und auf Emile Villermé zurückgehend) der Académie des Sciences Morales über Kinderarbeit in den Unternehmen machten die protestantischen Banken von ihrem Einfluss Gebrauch, um gegen diese Ausbeutung zu kämpfen. Sie finanzierten viele Sozialeinrichtungen, in deren Aufsichtsrat wiederum viele Bankiers saßen.
Die protestantischen Bankiers hatten eine eher girondistische als eine jakobinische Auffassung von der Rolle des Staates. Sie unterstützten sehr oft aktiv politisch liberale Einstellungen und schätzten besonders die Überlegungen eines Tocqueville oder eines Guizot, aber auch jene des Grafen von Saint-Simon.