Ein böhmischer Vorreformator
Jan Hus stammt aus dem südlichen Böhmen und besucht als armer Student die Universität von Prag. 1400 wird er zum Priester geweiht. Später wird er Beichtvater der böhmischen Königin sowie Dekan der theologischen Fakultät von Prag.
Er verkörpert die nationalen Sehnsüchte der Tschechen
Er entschließt sich dazu, in tschechischer Sprache zu predigen. Ihm hören regelmäßig mehr als 3000 Personen zu.
Er übersetzt die Evangelien und trägt auf diese Weise zur Ausbildung der tschechischen Schriftsprache bei.
Gleichzeitig tritt er dafür ein, dass Böhmen von den Tschechen (und nicht dem deutschen Kaiser und König von Böhmen) beherrscht wird und dass sie sich im öffentlichen Leben ihrer tschechischen Nationalsprache bedienen können. So wird er zur Verkörperung der nationalen Sehnsüchte der Tschechen.
Er vertritt seine Ideen bis zu seinem Tode
Er wendet sich gegen das kirchliche System, predigt die Reform der Kirche und fordert die Rückkehr zu evangelischer Armut : das Evangelium ist die einzige Richtschnur, und ein jeder hat das Recht, es zu studieren. In seiner Schrift Questio de indulgentiis (1412) verdammt er den Ablass.
Er bewundert die Schriften von Wiclif und verteidigt diesen gegen seine Angreifer. Er wird aus der Kirche ausgeschlossen. Aus Prag ausgewiesen zieht er sich nach Südböhmen zurück, wo er predigt und theologische Schriften verfasst, darunter den Tractatus de ecclesia (1413).
1414 wird er vor das Konzil von Konstanz geladen. Trotz eines von Kaiser Sigismund erteilten freien Geleits wird er dort als Ketzer verurteilt und 1415 lebendig verbrannt ; auch seine Schriften landen auf dem Scheiterhaufen.
Er ist nicht nur ein Verteidiger der sozialen Gerechtigkeit und der religiösen Moral, sondern auch ein böhmischer Patriot und Reformator der tschechischen Schriftsprache.
Der Märtyrertod von Jan Hus löst in Böhmen einen achtzehnjährigen Krieg aus
Der (erste) ” Prager Fenstersturz ” vom 30. Juli 1419, der sich gegen mehrere katholische Ratsherren richtet, leitet den Aufstand der Hussiten (Anhänger der Lehren von Jan Hus) ein, die sich danach verbissen in fünf Kreuzzügen verteidigen, die infolge eines europaweiten Aufrufs des Papstes und des Königs von Böhmen gegen die ” Ketzer ” über sie hereinbrechen.
Das Programm der Hussiten
Die Forderungen der Hussiten sind in deren Programmschrift Vier Artikel von Prag (1420) dargelegt :
- das Abendmahl in beiderlei Gestalt,
- die freie Predigt des Evangeliums,
- die Einziehung des Kirchenbesitzes,
- die Bestrafung der Todsünden (durch die Obrigkeit).
Gewisse radikale Hussiten fordern darüber hinaus Gütergemeinschaft, absolute Gleichheit und ein allgemeines Priestertum.
Die katholische Kirche gibt nach und... gewinnt
Angesichts der militärischen Siege der Hussiten, die ganz Böhmen beherrschen, handelt die Kirche mit den Gemäßigten unter ihnen einen Vergleich aus. Die ” Kompaktaten ” von Basel (1433) erlauben ihnen
- das Abendmahl in beiderlei Gestalt,
- die Lesung der Epistel und der Evangelien in tschechischer Sprache.
1434 siegen die gemäßigten Hussiten, die den Vergleich angenommen und sich mit den Katholiken verbunden haben, in der Schlacht von Lipan über die Radikalen. Der Landtag von Jihlaoa beendet 1436 den Krieg.
Jan Hus - Vorläufer der lutherischen Reformation
Jan Hus gilt als der Vorläufer der im 16. Jahrhundert wirkenden Reformatoren und besonders von Martin Luther, der die Veröffentlichung seiner Werke in Deutschland später mit einem eigenen Vorwort versieht.
Zwei Drittel der Tschechen schließen sich der lutherischen Reformation an und übernehmen 1575 ein an die Augsburger Konfession angelehntes Glaubensbekenntnis.