1948, Versammlung von Amsterdam, „Die Unordnung der Welt und Gottes Heilsplan“
351 Delegierte – die 147 Kirchen vertreten – nehmen an der verfassungsgebenden Versammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) teil. Sie kommen hauptsächlich aus Europa und den Vereinigten Staaten. Die verschiedenen Debatten unterstreichen, dass der ÖRK dazu berufen ist, ein Ort des Austauschs, des Dialogs, der Konfrontation und der Reflexion zu sein zwischen Christen verschiedener Kulturen und kirchlicher Traditionen. Er ist genauer gesagt ein Arbeitsort, der von Seiten der Mitgliedskirchen theologisches Nachdenken und Beachtung der sozialen und politischen Probleme verlangt.
Die Verfassung von 1948 verpflichtet, die von den Bewegungen Glauben und Kirchenverfassung und Praktisches Christentum begonnenen Arbeiten fortzusetzen,
die sich in Folge der Konferenz von Edinburgh (1910) entwickelt haben.
1954, Versammlung von Evanston, Vereinigte Staaten, „Christus, die Hoffnung der Welt“
502 Delegierte, die nunmehr 179 Kirchen vertreten, haben sich in Illinois versammelt. Der Kontext des Kalten Krieges, verstärkt durch den Anstieg des McCarthyismus in den Vereinigten Saaten, ist sehr spürbar. Die Debatten betreffen soziale Fragen, die sich aus den von einer international gewordenen wirtschaftlichen Entwicklung aufgeworfenen Problemen ergeben, sowie Aufgaben, die bei ihrer Lösung helfen können (unter anderem Verantwortung der Kirchen, Rolle der Laien im Rahmen ihres Berufslebens). Den Delegierten gelingt es nicht, sich auf eine gemeinsame Erklärung zu einigen. Aber neue Formen der Zusammenarbeit ergeben sich und Wege der Reflexion werden eröffnet.
1961, Versammlung von Neu Delhi, „Jesus Christus, das Licht der Welt“
Seit Evanston haben 23 Kirchen sowie der Internationale Missionsrat ihre Aufnahme in den ÖRK beantragt. Einige davon sind Kirchen, die aus den Missionen entstanden und jetzt autonom sind. Sie kommen aus Afrika, Asien, den Karaiben, Lateinamerika, dem Mittleren Osten und aus der pazifischen Gegend. Andere sind orthodoxe Kirchen (Russland, Bulgarien, Rumänien). Jede von ihnen zählt mindestens 50.000 Mitglieder, aber sie sind nicht notwendigerweise an einen Staat gebunden. So versammeln sich 198 Kirchen auf dem indischen Kontinent. Außerdem steht die Versammlung kurz vor dem Zeiten Vatikanischen Konzil und die katholische Kirche hat zum ersten Mal fünf Beobachter entsandt. Die Wahl von Neu Delhi zeigt die Bemühung des ÖRK, Begegnungen mit nichtchristlichen Religionen zu entwickeln.
Auf diesem wichtigen Kongress fordert die Versammlung ihre Mitglieder auf, folgendes Prinzip zu akzeptieren: „Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
Von diesem Zeitpunkt an und obwohl einige unitarische Kirchen den ÖRK verlassen haben, wächst die Zahl der Mitgliedskirchen unaufhörlich weiter.
1968, Versammlung von Uppsala in Schweden, „Siehe, ich mache alles neu“
704 Delegierte vertreten 224 Kirchen. Fünfzehn römisch-katholische Beobachter nehmen teil in einer gewissen ökumenischen Euphorie. Die behandelten Hauptthemen sind: die Universalität (Katholizität) der Kirche, die Erneuerung der Mission, die ökonomische und soziale Entwicklung, Gerechtigkeit und Frieden.
Die Ermordung Martin Luther Kings, der Anstieg der Studentenbewegungen, der Biafra-Krieg, die Umwälzungen in Lateinamerika ermutigen die Versammlung, über politische Fragen nachzudenken. Einigen Teilnehmern missfällt diese Zielrichtung, die für sie eine Vermischung einzuführen scheint zwischen dem Heil und Projekten sozialer Gerechtigkeit, die sie für zu utopisch halten und eigentlich nicht mit den Zielen der christlichen Hoffnung verbunden.
1975, Versammlung in Nairobi, Kenia, „Jesus Christus befreit und eint“
Für die Versammlung in Nairobi stellt sich das Problem der Unterschiedlichkeit der kürzlich in den ÖRK eingetretenen Kirchen. Wenn diese Verschiedenheit auch eine Bereicherung ist, so können die von gewissen Gemeinschaften geforderten Eigenheiten zu Missverständnissen führen. Darum lädt der Schlussbericht die Kirchen ein
- „zu dem Ziel der sichtbaren Einheit im einen Glauben und der einen eucharistischen Gemeinschaft, die ihren Ausdruck im Gottesdienst und im gemeinsamen Leben in Christus findet,
- und auf diese Einheit zuzugehen, damit die Welt glaube“
Die Versammlung steckt dem ÖRK als Rat der Kirchen das Ziel, den Gemeinschaften dabei zu helfen, ein Evangelium der Gerechtigkeit, des Friedens und der Versöhnung zu predigen und die Beachtung der Menschenrechte zu fordern.
1983, Versammlung von Vancouver, Kanada, „Jesus Christus, das Leben der Welt“
850 Delegierte nahmen an der Versammlung in Vancouver teil. Einige der Arbeiten, die vor allem von den Kirchen der Pazifischen Inseln vorgeschlagen wurden, behandeln das Problem des Friedens in einer Zeit atomaren Wettrüstens. Das Thema „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“, das eine Dimension des Umweltschutzes beinhaltet, beginnt sich abzuzeichnen.
1991, Versammlung von Canberra, Australien, „Komm, Heiliger Geist, erneuere die ganze Schöpfung“
Eine Reihe der an der Versammlung teilnehmenden Delegierten gehören Kirchen an, die in ihren Ländern in Bezug auf die herrschenden Religionen in der Minderheit sind.
Ihnen geht es nicht so sehr um den interreligiösen Dialog, sondern um eine Theologie des kommenden Gottes, um die Energie des Heiligen Geistes, der Leben spendet nach den Worten des Theologen Jürgen Moltmann. Sie nehmen einen wichtigen Teil der Debatten ein, die von nun an den ökologischen Problemen innerhalb der Unordnung der Welt einen großen Platz einräumen.
Wenn auch der Golfkrieg, die Unsicherheit im Mittleren Osten, das Gewicht der finanziellen Deregulierung sichtbaren Anlass zur Sorge geben in den Debatten der Versammlung, so bleiben die Empfehlungen doch sehr allgemein: Beachtung des internationalen Rechts und friedliche Beilegung der Konflikte. Im Gegensatz dazu werden tiefgreifende und bereichernde Debatten über das Thema des Heiligen Geistes und die messianische Hoffnung von den Vertretern der orthodoxen Minderheitskirchen geführt.
1998, Versammlung von Harare, Simbabwe, „Kehrt um zu Gott – seid fröhlich in Hoffnung“
Das Treffen der Versammlung ehrt zwei Gedenkjahre, den 50. Jahrestag der verfassungsgebenden Versammlung des ÖRK und den 50. Jahrestag der Erklärung der Menschenrechte.
Die Debatten schneiden mehrere bemerkenswerte Punkte an:
- Die Probleme der Verpflichtungen des ÖRK zu einem Zeitpunkt, wo seine finanziellen Mittel sich verringert haben. Diese Schwierigkeit kommt vor allem von dem Rückzug einiger Mitgliedskirchen. Es ist wichtig, die Aufgaben des ÖRK im Rahmen einer trinitären Theologie wieder festzulegen: „Das Hauptziel der Gemeinschaft der Kirchen im Ökumenischen Rat der Kirchen besteht darin, einander zur sichtbaren Einheit in dem einen Glauben und der einen eucharistischen Gemeinschaft aufzurufen, die ihren Ausdruck im Gottesdienst und im gemeinsamen Leben in Christus findet, durch Zeugnis und Dienst an der Welt, und auf diese Einheit zuzugehen, damit die Welt glaube.“
- Besondere Beachtung wird den ökonomischen und sozialen Situationen in den Ländern Afrikas geschenkt, die sehr anfällig und ungleich sind. Nelson Mandela hält eine wichtige Rede.
- Besondere Beachtung wird auch den Problemen der Anerkennung von Minderheiten im religiösen und politischen Raum geschenkt, unter anderem was die Rolle der Frau, den Platz der Homosexuellen, den Blick auf die Behinderung betrifft.
2006, Versammlung von Porto Alegre, Brasilien, „In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt“
Die Versammlung ist geprägt von der Fortführung einer schwierigen Debatte zwischen den evangelikalen und den orthodoxen Kirchen. Es scheint nicht möglich, sich auf eine gemeinsame Definition des Handelns des Heiligen Geistes in der Welt zu einigen oder über den Sinn der messianischen Hoffnung: betrifft sie ein konkretes Ziel oder ist sie eschatologischer Art? Es ist nicht einfach, sich über die Prioritäten der Aufgaben zu einigen, zumal die finanziellen Quellen des ÖRK sich noch weiter verringert haben.
Die Versammlung spielt sich zur gleichen Zeit ab wie ein altermondialistisches Forum und sie ist nicht gleichgültig gegenüber den Debatten, die das Forum in derselben Stadt Porto Alegre abhält. In diesem Fall, bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Weltordnung, ist das Forum besorgt über die Verwirrungen, die aus der Deregulierung der Finanzmärkte und gewissen Formen der Entwicklung der multinationalen Konzerne entstanden sind.
2013, Versammlung von Busan, Südkorea, „Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden“
Da die Versammlung in Südkorea stattfindet, hat sie eine grundlegende Reflexion über die Lage der beiden koreanischen Staaten auf ihre Tagesordnung gesetzt. Darüber hinaus unterstreicht sie auf Initiative ihres Gastlandes die Probleme der juristischen und politischen Rechte, zu denen die religiösen Minderheiten keinen Zugang haben.
Außer diesen Themen gedenkt die Versammlung des armenischen Völkermordes. Sie zeigt sich beunruhigt über die Kriege, die sich im Nahen und Mittleren Osten abspielen, über die tragischen Ereignisse im Kongo Kinshasa, über die Flüchtlingsbewegungen: „Wir sehen Flüchtlinge, die aus allen möglichen Gründen nach Europa einreisen wollen, vom Klimawandel bis zu politischen Umstürzen. Diese Situation muss nun auf internationaler Ebene angegangen werden.“