Musikalische Ausbildung
Während seines Studiums in Eisenach erhält Luther (wie auch Melanchthon und viele andere Zeitgenossen) eine musikalische Erziehung einschließlich Gesang und Tanz und lernt verschiedene Musikrichtungen kennen. Anschließend hat er im Kloster Gelegenheit, seine Fähigkeiten zu vervollkommnen, dank der wichtigen Rolle, die die gesungene Liturgie dort spielt. Luther ist imstande, Volkslieder aufzuschreiben und zu harmonisieren sowie selbst Melodien zu Psalmen oder Alltagstexten zu komponieren. Er verkehrt mit Musikern wie Ludwig Senfl, Hofmusiker in Bayern, und Johann Walter, Hofmusiker in Sachsen. Dieser macht ihn in Rom mit Josquin Desprez (1440-1521) bekannt. Nach dem Tod Friedrichs des Weisen unterstützt Johann Walter Luther bei dessen Nachfolger Johann dem Großmütigen, der der Musik weniger zugetan ist.
Reformation und Musik
Bei der Reform der Liturgie räumt Luther sowohl der Predigt als auch dem Gesang der Gemeinde einen wesentlichen Platz ein (Von Ordnung Gottesdiensts in der Gemeinde, 1523).
Den Liedgesang, später Choral genannt, betrachtet er als Glaubensbekenntnis, als geistlichen Kommentar zu biblischen Texten. Er kann gegebenenfalls von der Orgel (damals in Form kleiner Orgelpositive) oder von einem Ensemble begleitet werden. Zur Umsetzung dieser Reform müssen die Gläubigen im Gesang unterwiesen werden. Der von einem Kantor erteilte Gesangsunterricht fällt in die Verantwortung von Schulen oder Gemeinden.
Auch ein Gesangbuch musste verfasst und herausgegeben werden. So erarbeitete eine Gruppe von Musikern um Luther eine kleine Sammlung von Kirchenlieder, das Geistliche Gesangbüchlein. Luther selbst komponierte 36 Lieder zu deutschen Texten, einige davon freie Nachdichtungen der Psalmen, andere geistliche Kommentare, die oft zu populären weltlichen Melodien verfasst wurden. Dennoch lehnt Luther die Verwendung der lateinischen Sprache nicht ab, da sie sich leicht an die Komposition anpassen lässt. Auch einige seiner Freunde benutzen die deutsche ebenso wie die lateinische Sprache.
Viele Kirchenlieder Luthers haben die Zeiten überdauert: Eine feste Burg ist unser Gott …; Christ lag in Todesbanden…. und andere. Sie sind nicht nur in der einfachen Harmonisierung Luthers noch im Gebrauch, sondern auch in den besonders beeindruckenden polyphonischen Werken Johann Sebastian Bachs.
In andere Sprachen übersetzt haben die Kirchenlieder Grenzen überschritten. In der reformierten französischen Liturgie werden sie oft zusätzlich zu den von Calvin bevorzugten Psalmen von Goudimel (ca.1520-1572) gesungen. Der französische Reformator war für die Musik sicher weniger empfänglich als Luther und misstraute dem Liedgesang und den ihn begleitenden Instrumenten, da ein Hauptthema Anlass zu zahlreichen Variationen geben kann und die Gläubigen möglicherweise vom Wesentlichen ablenken könnte.
Ces cantiques, traduits, ont aussi traversé les frontières. Ils sont souvent chantés dans les liturgies réformées françaises, en complément des psaumes de Goudimel (Ca 1520-1572) dont Calvin avait préféré l’usage. Le réformateur français, sans doute moins sensible à la musique que Luther, se méfiait d’effets potentiellement trop distrayants du chant choral, pour lequel le thème principal peut donner lieu à diverses variations, ainsi que de l’instrumentation qui l’accompagne.
Auf den Spuren Luthers: Heinrich Schütz, Dietrich Buxtehude und Johann Sebastian Bach
Die Bedeutung, die Luther der Musik und dem Kirchengesang beimaß, hat erheblich zur Entwicklung dieser Kunst in den deutschsprachigen Ländern beigetragen. Heinrich Schütz (1585-1672), Dietrich Buxtehude (1637-1707) und Johann Sebastian Bach (1685-1750) pflegten lutherische Themen in Kantaten und Oratorien zu verwenden und die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten und Instrumentation dabei weiter. Vor allem Johann Sebastian Bach hat der Musik eine selten erreichte schöpferische Kraft verliehen. Alle gehörten sie weitverzweigten Musikerfamilien an, in denen Organisten, Geiger, Cembalisten, Kantoren, Lehrer und Instrumentenbauer vertreten waren.
Die musikalische Begabung in der Familie Johann Sebastian Bachs lässt sich bis in Luthers Zeiten zurückverfolgen: der erste von ihnen, Hans Bach, 1550 als Sohn eines Bäckers geboren, komponierte Kirchenlieder. Seine gesamte Nachkommenschaft, bis hin zu Johann Christian Bach (1735-1782) widmete sich auf die eine oder andere Weise der Musik, als Kantor, Komponist oder Orgelbauer.