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Odet de Coligny, Kardinal von Châtillon

Unter den drei Brüdern Coligny ist Odet von Châtillon (1517-1571) zweifellos der geheimnisvollste: Er verdankt sein Vermögen, Autorität, Rang und Ruhm seiner Stellung als Kardinal der katholischen Kirche, hat sich aber niemals offen zu einem traditionellen Katholizismus bekannt. Am Ende eines langen Denkprozesses, der zudem schwierig zu vertreten war, engagiert er sich zugunsten der Hugenotten.

Die Ambivalenz des Kardinals

Odet de Coligny-Châtillon (1517-1571) © Wikimedias Commons
Die drei Brüder Coligny © S.H.P.F.
Das Religionsgespräch von Poissy (1561) © SHPF

Noch mehr als seine beiden Brüder bleibt Odet von Châtillon sein ganzes Leben lang von der Erziehung beeinflusst, die er von dem Humanisten Nicolas Bérauld aus Orléans erhielt. Außerdem ist er von der evangelischen[1] Frömmigkeit seiner Mutter Louise de Montmorency geprägt.

Unter dem Einfluss seiner Familie wird Odet 1533 im Alter von 16 Jahren zum Kardinal erhoben; im folgenden Jahr wird er zum Erzbischof von Toulouse und zum Vorsteher zahlreicher Abteien ernannt. 1535 übernimmt er das Amt des Bischofs von Beauvais.

Im Lauf der 1550er Jahre, als sich die Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten verschärfen, wird er wegen seiner zweideutigen Haltung als Häretiker angesehen. Die Geschichtsschreibung überliefert, dass der Kardinal sich am Ostersonntag[2], dem 6. April 1561, im Schloss von Merlemont (Oise) zum Calvinismus[3] bekehrt habe, weil er die Kommunion unter beiderlei Gestalt praktizierte. Das trifft jedoch nicht zu, denn Châtillon handelt nicht als Protestant, sondern gibt vielmehr ein praktisches Beispiel, wie eine von ihm gewünschte tiefgreifende Reform der katholischen[4] Kirche aussehen könnte: die Kommunion unter beiderlei Gestalt, ein innerlicher Glaube, befreit von dem, was er als Aberglauben bezeichnet und – so kann man vermuten – die Erlaubnis für die Prälaten zu heiraten. Seine Verbindung mit der jungen und schönen Isabelle von Hauteville ist am Hof weithin bekannt.

Diese Freiheit kann er sich erlauben, weil er sich bedingungsloser Unterstützung durch Katharina von Medici, deren Günstling er ist, und durch seinen Freund Michel de l’Hospital erfreut. Zusammen mit Katharina von Medici, Michel de l’Hospital und Jean de Monluc, dem Bischof von Valence, gehört er zu einer einflussreichen Gruppe im Königlichen Rat, den moderaten Katholiken. Daher setzt er sich beim Religionsgespräch von Poissy Anfang der 1560er Jahre restlos für die gütliche Einigung zwischen Katholiken und Protestanten ein. Im Rahmen der Verhandlungen mit dem Gesandten des Papstes 1561 versucht er, eine Abänderung des katholischen Dogmas[5] zu erreichen, die die Vereinigung der christlichen Kirchen ermöglicht hätte. Diese Versuche führen allerdings nicht zu Erfolg, das religiöse Engagement Odets von Châtillon bleibt unverstanden.

[1]              „Evangelisch“ lautet die Bezeichnung, die sich die Christen um Favel und Lefèvre d‘Étaples im 16. Jahrhundert geben, die eine Rückbesinnung auf das Evangelium fordern. Im 19. Jahrhundet übernehmen die Anhänger der Erweckungsbewegung diesen Namen. Heute bezeichnet man damit sowohl die lutherischen und reformierten Kirchen als auch die evangelikalen Kirchen, die aus den Erweckungsbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts hervorgegangen sind.

[2]              Ostern: Das Fest der Auferstehung Christi.

[3]              Calvinismus bezeichnet eine der Hauptformen des reformierten Protestantismus, zurückgehend auf Jean Calvin aus Genf.

[4]              „Katholisch“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „allgemein“. Diesen Namen trägt die römisch-katholische Kirche unter Leitung des Papstes.

[5]              Lehrsatz, der von der Leitungsautorität einer bestimmten Gemeinschaft als Wahrheit bestimmt wurde.

Ein langer Weg zur Konversion

Isabelle de Hauteville © Wikimedia Commons

Während des ersten Religionskrieges (1562-1563) legt der Kardinal von Châtillon seinen Kardinalspurpur ab. Er zieht ihn aber, sobald der Friede von Amboise unterzeichnet ist, wieder an und erscheint auch wieder zur Messe. Sein Verhalten, von den Katholiken angeprangert, wird von den Calvinisten toleriert oder sogar unterstützt. Sie sind der Meinung, dass seine Anwesenheit im Königlichen Rat nötig sei, um ihr Anliegen zu vertreten. Sie beabsichtigen, dem Kardinal von Châtillon freie Hand zu lassen bei der Wahl des Zeitpunktes, an dem er sich öffentlich zu seinem Engagement an ihrer Seite bekennen würde, einem Engagement, an dem kein Zweifel mehr besteht: Seit Juli 1563 ist Odet de Châtillon offiziell von der römisch-katholischen Kirche exkommuniziert. 1564 heiratet er Isabelle de Hauteville.

Nachdem er von den Katholiken verstoßen wurde, hält Châtillon jedoch weiterhin seine religiösen Vorlieben im Dunkeln: Erst 1567 bei der Neustrukturierung der hugenottischen Partei tritt er offiziell für die protestantischen Interessen ein.

Der Diplomat

Elisabeth I. von England erneuert die Suprematsakte © Collection privée - Reproduction Parc national des Cévennes
Heinrich III © Collection privée

Aufgrund seines diplomatischen Geschicks und seiner weiterhin bestehenden herausragenden Verbindung zu Katharina von Medici und Karl IX. verhandelt Châtillon den Großteil des Friedens von Longjumeau (März 1568): Damit ermöglicht er das Ende des zweiten Religionskrieges, an dessen Ausbruch sein Bruder François d’Andelot maßgeblich beteiligt war.

Dennoch ist dieses Friedensabkommen nur von kurzer Dauer, denn schon ab August bricht der Krieg von Neuem aus und Châtillon muss nach England fliehen. Schon innerhalb weniger Wochen schafft er es, sich die Gunst der Königin Elisabeth I. zu erwerben, aber es gelingt ihm nicht, diese persönliche Unterstützung in materielle und finanzielle Hilfe für die hugenottische Partei umzuwandeln.

Nach dem Frieden von Saint-Germain-en-Laye (8. August 1570) bleibt Châtillon weiterhin in London, jetzt aber im Dienst Katharinas von Medici: Die Königinmutter möchte von seinen guten Verbindungen am Hofe Englands profitieren, um die Bedingungen für eine Heirat zwischen der britischen Herrscherin und dem Herzog von Anjou (dem späteren Heinrich III.) auszuhandeln. Diese Verhandlungen schlagen aber letztendlich fehl. Am 21. März 1571, gerade als er nach La Rochelle einschiffen möchte, erliegt Châtillon im Alter von 53 Jahren einer so plötzlichen Krankheit, dass man eine Vergiftung vermutet. Er wurde in der Kathedrale von Canterbury begraben.

Autor: D'après Nicolas Breton

Bibliographie

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