Rückbesinnung auf das Evangelium
Petrus Waldes – Pierre Valdo, Vaudès oder Valdès – ist ein reicher Kaufmann aus Lyon, den die Lektüre des Evangeliums dazu verleitet, seine gesamte Habe zu verkaufen und fortan zu predigen und in Armut zu leben. Er lässt die Bibel teilweise in die Sprache des Volkes übersetzen.
Ihm folgen zahlreiche Anhänger, die Waldenser genannt werden. Der Papst verweigert Waldes die Erlaubnis zur Laienpredigt. Die Waldenser werden auf dem Konzil von Verona (1184) aus der Kirche ausgeschlossen. Trotz anhaltender Verfolgungen verbreitet sich die Waldenserbewegung in Frankeich, in Italien, in Deutschland und bis nach Ungarn und Polen.
Die Theologie der Waldenser
Die Waldenser unterscheiden sich von der katholischen Kirche in folgenden Punkten :
- durch ihren evangelischen Radikalismus : sie berufen sich auf die Botschaft der Bergpredigt und lehnen jegliche Eidleistung ab ;
- durch ihre Kritik der römisch-katholischen Institution : sie sind gegen das Papsttum und gegen die Macht und den Reichtum der Kirche ;
- durch ihre Leugnung des Fegefeuers und ihre Ablehnung des Ablasses und der Heiligenverehrung ;
- durch das Wanderpredigertum : gepredigt wird von Laien, die ” Bärte ” genannt werden (” barbes ” : in der piemontesischen Mundart soviel wie ” Onkel ” oder ” Ältester “). Die Bärte sind unverheiratet. Sie ergreifen Berufe, die einen ständigen Ortswechsel erfordern. Wegen der Verfolgungen halten sie ihre Predigten in Wohnhäusern ab und nicht in aller Öffentlichkeit.
Die Waldenser gehen allerdings zur Messe und nehmen die Sakramente der katholischen Kirche an.
Der Anschluss der Waldenser an die Reformation
1526 versammeln sich die Bärte zu einer Synode und beschließen, Abgesandte in die Schweiz und nach Deutschland zu schicken, um sich mit den neuen Lehren Luthers vertraut zu machen. Sie kommen mit Schriften Luthers und Zwinglis zurück.
Andere Abgesandte besuchen 1530 die Reformatoren von Neuchâtel (Neuenburg), Bern, Basel und Straßburg und legen ihnen einen Fragebogen vor. Die Antworten von Ökolampad (Johannes Heußgen) und Martin Butzer sind bekannt.
Im wesentlichen herrscht Einverständnis ; folgende Punkte bleiben jedoch umstritten :
- das Wanderpredigertum der Bärte,
- die Auslegung der Bergpredigt, die die Waldenser die Eidleistung ablehnen lässt,
- die Kritik an der staatlichen Gewalt,
- die Teilnahme an der Messe und die Annahme der katholischen Sakramente.
An der 1532 in Chanforan, einem Ort in den Waldensertälern, abgehaltenen Synode nimmt auch Guillaume Farel teil. Sein Einfluss ist maßgeblich. Er erreicht, dass die Synode ihre Übereinstimmung mit den reformatorischen Ideen verkündet.
Das Wanderpredigertum der Bärte wird aufgegeben. Die meisten Bärte werden Pastoren. An den Orten, an denen sie vorher gepredigt haben, werden evangelische Kirchen eingerichtet.
Die Synode von Chanforan beschließt außerdem, für 500 Goldtaler eine neue französischsprachige Bibel anfertigen zu lassen ; mit der Übersetzung wird Olivétan betraut.
Die Waldenserkirchen heute
Trotz aller Verfolgungen – wie dem Waldensermassaker im Lubéron von 1545 – bestehen bis heute Waldensergemeinden in den Alpentälern und in Italien. Die Waldenserbewegung hat sich bis nach Uruguay ausgebreitet.
Die Waldenserkirchen gehören dem Weltkirchenrat seit dessen Gründung an.
Petrus Waldes (1140-1217)
und die Waldenser
Via Beckwith, 3, 10066 Torre Pellice, Turin, Italie