Studium, die ersten engagierten Einsätze
Pierre Maury wird 1890 als Sohn von Léon Maury, des Dekans der Fakultät für protestantische Theologie in Montauban, geboren. Nach dem Studium der Philosophie an der Sorbonne, das er mit einer licence abschließt, legt er einen Aufenthalt in Berlin ein, um sich mit der deutschen Philosophie vertraut zu machen, und beginnt 1910 mit dem Studium der Theologie in Montauban. 1914 wird er als Verbindungsagent einberufen, und das Kriegserlebnis prägt in zutiefst.
Die "Fédé" und die Bekanntschaft mit Visser't Hooft
Nach dem Waffenstillstand wird er zum Generalsekretär der Fédération Française des Associations Chrétiennes d’Étudiants (Französischer Bund christlicher Studentenvereine) gewählt, und dieses Amt hat er von 1919 bis 1925 inne. 1925 wird er als Pfarrer in die reformierte Gemeinde Ferney-Voltaire berufen. Auf diese Zeit geht auch seine Freundschaft mit Pfarrer Visser’t Hooft (1900-1985) von der Reformierten Kirche der Niederlande zurück, der damals Generalsekretär des Christlichen Studentenweltbundes in Genf ist. Von 1929 an arbeitet er dann in dieser Organisation 5 Jahre lang mit Pfarrer Visser’t Hooft zusammen.
1930 übernimmt er die Leitung der Zeitschrift Foi et Vie, eines Forums, in dem sich die religiöse Kultur protestantischer Prägung und die Aufmerksamkeit für gesellschaftliche Probleme miteinander verbinden.
Der Freund Karl Barths macht als erster mit dessen Werk vertraut
Der wichtigste Beitrag, den der französische Protestantismus der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts Pierre Maury zu verdanken hat, ist jedoch die Erneuerung der reformierten Theologie durch die Entdeckung des Werks des großen Schweizer Theologen Karl Barth (1886-1968), dessen Freund und Übersetzer er wird. Die Veröffentlichung von Karl Barths Werk Parole de Dieu, Parole humaine (Gottes Wort, Menschenwort) im Jahre 1933 war in protestantischen Theologenkreisen ein Ereignis.
Maury beteiligt sich in der Folge an der Übersetzung mehrerer Werke Karl Barths, und in seinen Artikeln, Vorträgen, Vorlesungen – ab 1943 ist Pierre Maury Professor für Dogmatik an der Fakultät für protestantische Theologie in Paris – gibt er das Wesentliche der Barthschen Lehre stetig weiter. Die Auswirkungen sind bei einer ganzen Generation junger französischer Pfarrer noch heute zu spüren.
Pfarrer in Passy
Ab 1934 arbeitet er in der reformierten Gemeinde Passy-Annonciation in Paris mit Pfarrer Marc Bœgner zusammen, und er bleibt dort auch als Pfarrer bis zu seinem Tod im Jahre 1956.
Von Juni 1940 bis März 1943, als sich Marc Bœgner auf Grund seiner verantwortungsvollen Stellung an der Spitze der Fédération Protestante in der Freien Zone aufhält, bleibt Pierre Maury allein als Pfarrer der Gemeinde zurück.
1950 wird er Präsident des Nationalen Rats der Église Réformée de France (Reformierte Kirche Frankreichs). Er bleibt in diesem Amt bis 1953. Außerdem ist er Mitglied des Ökumenischen Rats der Kirchen.
Pierre Maury hat mehrere theologische Werke veröffentlicht, darunter drei geistige Biographien : Saint-Augustin, Luther, Pascal, Cahiers de Foi et Vie – Labor et Fides – Paris, 1930
Sein 1920 geborener Sohn Jacques Maury, der ebenfalls Pfarrer wurde, war von 1968 bis 1977 Präsident des Nationalen Rats der Église Réformée de France (E.R.F.) und von 1977 bis 1987 Präsident der Fédération Protestante de France.